Der Lentner : Seine Geschichte - Einige Werke - Galerie :: Tagessätze - Kartons & Kisten -

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 Einige Werke

             
       

 Fürbitte

(Weihnachtsgeschichte 2023)

Angefangen hat es mit den Weihnachtsgottesdienstbesuchen um 3 Uhr nachmittags. Als er Jugendlicher war, wechselte er zum Gottesdienst um 5 Uhr nachmittags. Zwischendurch besuchte er auch die Christmette um Mitternacht. Irgendwann wurde er Vater und später Opa. Zu dieser Zeit waren dann wieder die Weihnachtsgottesdienste um 3 Uhr nachmittags angesagt. Aktuell besuchte er abwechselnd den Gottesdienst am Spätnachmittag, sowie die Christmette, da er allein lebte und die Verbindung zu seiner Familie belastet war. Eigentlich bestand gar keine Verbindung mehr.

Diesmal besuchte er den Gottesdienst am Spätnachmittag. Wie immer an Weihnachten war die Kirche voll. Man konnte ruhigen Gewissen sagen, das Gotteshaus war überfüllt. Eng an eng saßen und standen die Gottesdienstbesucher. Viele der Besucher gingen nur einmal im Jahr in den Gottesdienst, und das war an Weihnachten, weil es schon immer so Brauch war, am 24. Dezember in die Kirche zu gehen. Es gehörte einfach zu dem Weihnachtsritual, das so ablief: Geschenke in Massen besorgen, Essen, wenn möglich, exotisch, für den Heiligen Abend herrichten. Vor dem Essen schnell noch einen Gottesdienst besuchen, um sich dann gegenseitig zu bescheren. Je größer die Gruppe der Feiernden, umso höher war die Möglichkeit, dass das Weihnachtsfest im Streit endete.

Vor einem Weihnachtsabend, der im Streit endete, war er bewahrt. Er feierte doch diesen besonderen Tag der Liebe allein.

Die Enge in der Kirche genoss er. Und obwohl er eigentlich nicht singen konnte, sang er jedes Lied mit. Es waren die altbekannten Weihnachtslieder, die ihm beim Singen Erinnerungen an frühere Weihnachtsfeste brachten. Solche Erinnerungen raubten ihm regelmäßig die Stimme, und er versuchte, Tränen zu unterdrücken.

Das Ende des Gottesdienstes war schon in Sicht. Die Pfarrerin, unterstützt von Gemeindemitgliedern, brachten die Fürbitten vor. Ein Gemeindemitglied begann seine Fürbitte mit den Worten: „Mögen die Armen an die Reichen abgeben …“. Ihm zauberte der Anfang dieser Fürbitte ein Schmunzeln auf das Gesicht. Vielen fiel dieser Versprecher aber gar nicht auf, weil sie mit ihren Gedanken schon beim Essen und den Geschenken waren oder weil sie während der Fürbitten in Kontemplation vertieft waren. Selbstverständlich war für die Pfarrerin die Gruppe, die in Kontemplation verharrte, die weitaus größere Gruppe.

Dicht an dicht drängten sich die Gottesdienstbesucher dem Ausgang zu, wo sie von der Pfarrerin mit freundlichen Worten in die Weihnachtstage verabschiedet wurden. Ihm war dieses Bad in der Menge sehr angenehm. Die so oft vermisste menschliche Wärme spürte er auf dem Weg zur Pfarrerin. Mit einem Handschlag verabschiedete er sich von der Geistlichen und plötzlich stand er wieder allein vor der Kirche in der Kälte.

Langsam machte er sich auf den Heimweg. Wenige, die ihn auf seinem Heimweg überholten, sprachen ihn an und wünschten ein frohes Weihnachtsfest. Freundlich grüßte er zurück und dachte sich dabei, dass die bestimmt nichts von dem Versprecher bei den Fürbitten mitbekamen. Sie zählten bestimmt zu der Fraktion, die bei den Fürbitten in die Kontemplation versank. Er wunderte sich, warum ihm gerade jetzt die Fürbitte: „Mögen die Armen den Reichen …“, in den Sinn kam.

Zu Hause machte er sich Würstchen warm und setzte sich zum Essen ins Wohnzimmer. Dort hatte er einen kleinen Weihnachtsbaum festlich geschmückt. Zu den Würstchen gab es Kartoffelsalat, den er schon am Nachmittag gemacht hatte. Es war kein extravagantes fürstliches Weihnachtsmenü, aber es war das, was ihn ganz besonders mundete, da es den Duft und Geschmack der Weihnacht seiner Kindheit in sich trug. Einzig, was ihm zu diesem Festmahl fehlte, war das Brot, so wie es in seiner Kindheit gebacken wurde. Der Geschmack von Kümmel und Koriander, mit der wunderbaren Eigenheit, dass es, je älter es wurde, immer besser schmeckte. Diese Art Brot zu backen geriet wahrscheinlich mit den Jahren in Vergessenheit. Zumindest hatte er bisher solch ein Brot nicht mehr gefunden, und das machte ihn etwas traurig.

Während er sein Essen genoss, kam ihm wieder die Fürbitte in den Sinn. Je mehr er darüber nachdachte, kam er davon ab, dass es sich um einen Versprecher handelte. Zeigte diese Fürbitte doch die Realität seines Landes auf. Angst vor Armut hatten diejenigen, die im Wohlstand lebten. Und um diesen Wohlstand zu bewahren, machte die Politik immer wieder Gesetze, die die Armen zugunsten der Reichen benachteiligten.

War es also kein Versprecher?

Er war nicht lange im Zweifel. Es war natürlich ein Versprecher. Die Reichen sollten den Armen abgeben, damit auch die Armen ein menschenwürdiges Leben führen könnten. Er dachte daran, dass schon seit tausenden von Jahren versucht wurde, die Reichen zu bewegen, von ihrem Reichtum abzugeben, um den Hunger in dieser Welt auszumerzen. Bis heute ist dies aber nicht gelungen, obwohl die Reichen so viel Geld besitzen, den Hunger Geschichte werden zu lassen, ohne dass die Reichen ihr luxuriöses Leben merklich einschränken müssten.

Vielleicht war die Fürbitte doch so richtig, wie sie ausgesprochen wurde. Hatte es bisher keinen Erfolg, die Reichen zur Abgabe eines Teils ihres Reichtums zu bewegen, so sollte man den Versuch starten, dass die Armen einen Teil ihrer Armut abgeben würden und die Reichen, na ja, die sehen bestimmt meistens einen Gewinn darin, was sie ohne Gegenleistung bekommen. Was wäre, wenn die Reichen nicht nur einen Tag, sondern einige Wochen das Leben der Armen führen würden. Und dies nicht im Rahmen irgendwelcher obskuren Realityshows. Ein Leben mit den Herausforderungen und der Verzweiflung dieser Personen. Aber auch mit der menschlichen Seite von Armut für einige Zeit zu leben. Ein Versuch wäre es wert, so dachte er und war auch überzeugt, dass es so für die Armen mehr bringen würde. Ihm erschien es einleuchtend, wenn ein Armer die Hälfte seiner Armut den Reichen abgibt, dann geht es ihm um die Hälfte besser und dem Reichen unmerklich schlechter.

Ein wirklich guter Vorschlag, der in dieser Fürbitte geäußert wurde, dachte er. Ein Vorschlag, der von der Kirche kam, an der seit Jahren immer wieder heftig Kritik geäußert wurde. Kritik, bei der man nicht immer wusste, ob sie dem besseren Umgang miteinander dienen sollte oder ob es um die wirtschaftlichen Interessen und Profilierung der Kritiker ging.

Vieles kam ihm diesmal bei seinem Festmahl mit Würstchen und Kartoffelsalat in den Sinn. Er begann auch manches aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Am Ende dieses Weihnachtsabends stand für ihn fest, dass er gleich im neuen Jahr, wenn das Pfarrbüro wieder offen wäre, den Wiedereintritt in die Kirche beantragen würde. Außerdem nahm er sich vor, künftig nicht nur an Weihnachten den Gottesdienst zu besuchen. Dieses Gefühl, Teil einer großen Gemeinschaft zu sein, so wie er es im Weihnachtsgottesdienst empfand, vielleicht würde er dieses Gefühl auch in den sonntäglichen Gottesdiensten erleben können.

An diesem Abend schlief er mit dem Gedanken ein, künftig nicht mehr allein durch das Leben zu gehen. Er würde von der Dunkelheit hinaus in das Licht gehen und er würde die Menschen sehen und die würden ihn sehen.

Ein guter Gedanke, um in den Schlaf zu gleiten.

 

 

   
       

 

Gefasst sein...

 

Gefasst sein

in allen Lebenslagen

ist eine Kunst

ob ich diese beherrsche

weiß ich nicht

 

gefasst sein

in allen Lebenslagen

daran arbeite ich

und wünsche mir

nie müsste ich es beweisen

 

gefasst sein

in allen Lebenslagen

heißt aber nicht

gegenüber sich selbst

die Fassung nie zu verlieren

 

gefasst sein

in allen Lebenslagen

wenn man Freunde hat

sollte man es nicht wagen

gefasst sein

in allen Lebenslagen

 

   
             
       

                                                                            

 

                                                   

Lass mich Liebe sein

 

Lass mich Liebe sein

die sich als Warmherzigkeit legt

über all jene

die frierend immer mehr erstarren

im Heer der geknechteten

und aussortierten

 

Liebe lass mich sein

die sich niederlässt über dem Land

dass die Hoffnungslosen beherbergt

dort wo mehr in die Dunkelheit ziehen

und nur wenige die Kraft finden

für den Weg ins Licht

 

Lass mich Liebe sein

die sich zeigt als Beispiel

wie es besser werden kann

lass mich nicht allein

Liebe lass mich sein

 

                       

   
             
       

Jahresanfang

Heute denke ich an alle

die gestern noch

euphorisch waren und voller Hoffnung

die das neue Jahr auf ihrer Seite wähnten

und die heute

ins kalte Wasser geworfen wurden

denen man den Boden unter den Füßen wegzog

die von diesem Jahr nichts mehr zu erwarten haben

 

mein Mitgefühl allen

denen das neue Jahr

alles nahm

bis auf die Gewissheit

an die sich zu gewöhnen

keine noch so lange Zeit ausreicht

 

   
             
       

  

Hoidme

                                                                                                    Video (hier klicken)

Hoid me

ganz fest in deine Arm

hoid me

i hob so vui Angst

das me de schwarze Noacht fangt

und i bin alloi

und koi Ton dringt durch des Schwarze

von dir und mir

und i ko ned hearn

wia du mir an Mut zuasprichst.

Hoid me,

brauchst nix song,

brauchst gor ned vui doi

i bin scho vui ruhiger

wenn i merk

i bin in deine Händ.

Hoid me,

hoid me

ganz nah an dir

 

   
             
       

 

Sterb'n                                                                               

                                                                                               Audio (hier klicken)

I bin jetzt achtasieb'zg Johr und i hob nia aufpasst was g'sund is füa mi. I hob nua imma des g'macht wos guad do hod. I hob drunga Bier, Wein und Schnaps und natürli hob i imma g'raucht. Aus mein Leb'n hob i ned imma des beste g'macht und and're dobei in Dreg einedunkt und des wois i ned erst seit gestern, doch jez hob i koi Zeid mehr, jez lieg i in dera kloin Kammer. Vom Bett aufsteh' des konn i nimma und i wois ned soll i woina oda jammern. Vier moi am Dog kummt a Schwesta, de hoid mi dann aus'm Dreg und wenn se ma z'wischn de Boina greift, dann rührt se bei mir nix mehr, nua ab und zua denk i dann dobei an Gestern. Mei Frau, de schaut scho seid Dog'n nimma rei zua mia, wei zum Sog'n ham mia uns nix mehr. I wois, das se de Nachbarn da'zählt, dass i sie abgrunddieaf haß, oba des is mia jez ollas ganz egal wos se üba mi da'zählt, weil i hob jez ganz and're Soch'n de füa mi zähl'n. Domois im Kriag an da Ostfront, mia ham Russ'n da'schoss'n, de se scho längst ergeb'n ham. Nia hob i jemois mid jemand d'rüber g'redt und mei ganz' Leb'n lang hot se des Buid oiwei wieda g'meldt. De Kinda de kemma und ma merkt ganz genau, das es erhna lästig is und wenn's wos sog'n, dann, dass scho wieda werd. Jez lasst ma doch mei Ruah, wei i stirb seit Woch'n und i wois bis heid ned wia ma des duat. Im Krankenhaus ham's me entlass'n, da Doktar hod blos g'sogt das a nix mehr doi ko und dass jez an's sterb'n geht. I erinna mi, das i amoi über's sterb'n g'les'n hob, dass ma sterb'n kann wia a Held, oda wia a Feigling. Jez wois i das des nur Sprüch' war'n, wei jez wois i, sterb'n duat ma nua alloi. Des Krankenbett des is mei Gruft, i bin scho seit Woch'n dod, oba des sterb'n ziagt se und ziagt se. I hob scho seit 10 Dog nix mehr gess'n, nua an Vermouth den schütt i in mi eine, a wenn i ned vui davon behoid'n ko, und du schleichst nua imma um mi rum. Jez bleib' hoid amoi steh und nimm' mi mid, wei i hoid des nimma aus, de Schmerz'n de ko i ertrog'n, oba owei de Angst, wei i wui doch no ned dod sei, doch i wois du laßt ned mid dir hand'ln, deshoib bleib jez endlich steh und lass mi mid dir geh.

 

   
             
       

Weg von hier

 

Weg

nur weg von hier

besondere Ansprüche

habe ich keine

alles was ich will

nur weg von hier

wo jeder sich seine eigene Wahrheit richtet

aber dafür die Hand zum Eid

strickt unten lässt.

 

Ich kann mich gar nicht erinnern

wann dies alles begonnen hat

schleichend kam es irgendwie übers Land

ganz heimtückisch hat es sich

überall festgesetzt

und jetzt wo es nicht mehr zu übersehen ist

will ich nur weg

weg

einfach nur weg von hier.

   
             
       

Vom entscheiden

 

Noch war nichts entschieden

denn immer noch

hatte er sich noch nicht entschieden

denn er wollte nicht so

und auch nicht anders

er wollte sich gar nicht entscheiden

und so zögerte und zögerte er

bis man eines Tages

in der Zeitung lesen konnte

er sei verschieden.

 

   
             
       

     

    Naheliegend

     

    Es ist naheliegend

    und doch unerreichbar

    die Vorstellung

    überall auf der Erde

    könnte Frieden herrschen

     

   
             

Kannst du das Licht fühlen

 

Eine Stimme

glitt durch den dunklen Raum

kannst du das Licht fühlen

fragte sie in die Dunkelheit

 

kannst du das Licht fühlen

fragte sie immer wieder

doch was sollte ich antworten

ich fühlte zwar das Licht

doch das Licht war schwarz

und das konnte doch nicht sein

deshalb blieb ich still und

versteckte mich hinter dem Licht

Was es so nicht gibt

 

Brügeleisen

Selbstgetrocknete Marmelade

Frischgefegte Eier

Aufgelöstes Fleisch

Eher lichter Verkehr

Smokingzang

Öffentlicher Auftrittsvorbote

Frisch gepresster Taubensaft

Kraft durch Fäule

Und so heiter und so heiter.

 

 

 

 

 

 

 

             

 

 

 

 

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